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Vom Ökospinner zum nachhaltigen Unternehmer

„Ökologisch zu denken, heißt angepasst an die Situation zu denken. Die Natur regelt vieles selbst, so wie die Urtypen unserer Schilfpflanzen. Nur Veränderung bringt uns weiter. Wir wollen bewusst Dinge bewegen und denken daher von Natur aus smart – mit nachhaltigem Erfolg. Für uns war das immer die Kombination aus nachhaltigen ökologischen Vorteilen und ökonomischem Nutzen!“

Dr.-Ing. Udo Pauly

Dr.-Ing. Udo Pauly Geschäftsführer und Gründer der PAULY GROUP

Man kann die Natur in ihrem Wirken vielleicht sogar philosophisch betrachten. „Das haben wir bei unserer Fokussierung auf den Wurzelraum von Schilfpflanzen getan – mit einem wertvollen Ergebnis: eine biologische Wasser- und Abwasserbehandlung und die Behandlung von Klärschlamm aus klassischen Kläranlagen ohne wesentlichen Verbrauch fossiler Energie. Doch es bedurfte viel Engagement und einiger Überzeugungsarbeit, diese für viele zunächst absurd klingende, aber wegweisende Idee, im Markt zu platzieren.“

Oppositionspartei ohne Parteibuch. „Mit diesen Worten belächelte man unser Team um Professor Kickuth, Dozent der Ökochemie. Anfang der 1980er-Jahre war ich als Student der Landwirtschaft auf seine Forschung gestoßen, Abwasser in einem mit Schilf bewachsenen Bodenkörper zu reinigen. Ich fand die Idee revolutionär und war fasziniert, u. a. von der Fähigkeit der Ökosysteme, sich selbst zu regulieren. Mein Forscherdrang war geweckt. Heute nutzen wir die Fähigkeit von Ökosystemen zur Selbstregulation in Hunderten Projekten.“

Antrag im Schlummermodus. „Zum Ende meines Agraringenieurstudiums 1982 formulierten wir einen Antrag zur Abwasser- und Schlammbehandlung in und auf dem Wurzelraum von Schilfpflanzen nach Kickuth, der im Bundesministerium nur sehr langsam bearbeitet wurde. Ich nutzte die Zeit als Quereinsteiger in einem Ingenieurbüro für Umweltplanung und startete von dort als Entwicklungshelfer nach Togo.“

Spiegel oder Humanreflektor. „1986 wurde unser Antrag endlich bewilligt. Der Prüfer hatte Dinge wie Reisekosten und Literatur gestrichen. Sein Argument: „Wir fördern nur die uns unbekannten Posten, sonst wäre es ja keine Forschung.“ Einen ‚Spiegel‘ würde er nicht genehmigen, einen ‚Humanreflektor‘ wohl eher. Schließlich hatte das lange Warten ein gutes Ende: Wir starteten unser Fünf-Jahres-Projekt.“

Geschwärzte Weinkorken auf weißer Papiertischdecke. „Dieses Bild habe ich immer noch vor Augen: Wie wir, ein Team aus Agrar- und Elektroingenieuren, Chemikern, Biologen und Landschaftsplanern, so unsere Beobachtungen und Ideen sammelten und diskutierten. Zwar lieferte die Analyse einer Wasserprobe ein Ergebnis – aber warum hinten sauberes Wasser rauskam, wenn vorne dreckiges reinfloss, konnten wir nur interdisziplinär ergründen. Was passierte zwischen Zu- und Ablauf der Anlage? Was davon leistete einen wichtigen Beitrag zur Abwasserreinigung? Wo floss das Abwasser entlang, wie lange war es im System und was veränderte sich? Was wurde an das Substrat gebunden, was abgebaut – und welchen Beitrag leistete das Schilf?“

Grüne Revolution im Kleingarten. „Trotz der sehr erfolgreichen Versuchsanlage blieben die Kommunen skeptisch: Mit dem Ökosystem Schilf – ganz ohne Chemie, fossile Energie und Maschinen – Abwasser reinigen und Klärschlamm entwässern? Das klang der technisch geprägten Fachwelt zu grün-alternativ und sie wies uns zunächst ab. So kam es, dass wir bundesweit zumindest kleine Pflanzenkläranlagen für Einfamilienhäusern bauten.“

Polaroid-Bilder auf Norderney. „Das Glück kam kurz vor Projektende mit einem Großauftrag für eine Anlage zur Klärschlammvererdung aus Norderney. Schilf ist den Insulanern näher als Beton. Wir prüften anhand unterschiedlicher Arten, wie lange sich die Monokultur selbst regulieren kann, entwickelten eine Methode zur Beurteilung des Klärschlamms, der ins Schilf gegeben werden kann, und bauten schließlich eine Anlage für 50.000 Einwohner. Mit unserer Polaroid-Kamera dokumentierten die Betreiber dann die Pflanzenbefunde. Das war wertvolle Pionierarbeit.“

Plötzlich Generalunternehmer. „Das große Risiko, das wir 1991 mit dem Bauprojekt eingingen, hatte anfangs ein Investor gesichert. Seitdem arbeiten wir nach der Devise, an der Seite unserer Kunden die Projekte gemeinsam zum Erfolg zu führen. 1995 gründeten wir die EKO-PLANT GmbH, heute beschäftigt THE PAULY GROUP über 100 Menschen.“

Da wo der Hammer hängt. „Die Fridays-for-Future-Bewegung hat sehr klargemacht, wo der Hammer hängt. Jetzt erst blüht das ökologische Bewusstsein, das in den 1980er-Jahren gepflanzt wurde, richtig auf. Schon vor 40 Jahren hatten wir diskutiert, dass Schilf Wasser im Boden binden kann; heute sind Schwammstädte ein Thema.“

Der Sinn der Arbeit. „Ökologisch zu denken, heißt angepasst an die Situation zu denken. Die Natur regelt vieles selbst, so wie die Urtypen unserer Schilfpflanzen. Nur Veränderung bringt uns weiter. Wir wollen bewusst Dinge bewegen und denken daher von Natur aus smart – mit nachhaltigem Erfolg. Für uns war das immer die Kombination aus nachhaltigen ökologischen Vorteilen und ökonomischem Nutzen!“

Der Markt hat Fahrt aufgenommen. „In unserer Start-up-Phase waren wir den Entscheidern zu ‚grün‘. Heute müssen wir ihnen nachweisen, dass wir ‚echt öko‘ sind. Manchmal verwirrt mich das noch, aber letztlich haben wir einen guten Weg zurückgelegt. Ungefähr 100 Anlagen zur Klärschlammvererdung und viele chlorfreie Freibäder – Freibad PLUS – arbeiten heute mit unserer Idee. Das ist ein Ergebnis, das mich und mein Team stolz macht."

THE PAULY GROUP – da ist mein Name drin. Ich bin Familienunternehmer aus Überzeugung.

Text: Claudia Klaft